Elizabeth Holmes: Die Geschichte eines Betrugsskandals

Das medizinische Start-up Theranos versprach, Bluttests zu revolutionieren, aber die Technologie funktionierte nicht. Kunden erhielten falsche Diagnosen und Investoren verloren ihr Geld. Wir erzählen Ihnen die komplette Geschichte zum Betrugsskandals "Theranos-Fall".

Die faszinierende Geschichte von Elizabeth Holmes und ihrem Unternehmen Theranos gewährt Einblicke in die dynamische Welt des Silicon Valley, in der Innovation und Ehrgeiz eng verknüpft sind. Angefangen als junge Frau mit 19 Jahren, legte Holmes den Grundstein für ihr visionäres Unternehmen, das die Labormedizin mit schnellen und minimalinvasiven Bluttests revolutionieren sollte. Trotz anfänglicher Erfolge verließ sie mutig die Stanford University, um Ihr Unternehmen aufzubauen. Sie trotzte den Herausforderungen des Silicon Valleys und wurde mit 31 Jahren als vielversprechendes Talent gefeiert. Doch das strahlende Bild begann zu bröckeln, als Whistleblower am Arbeitsplatz und ein beharrlicher Journalist die dunklen Geheimnisse enthüllten. Mehr als 200 angepriesene Bluttests erwiesen sich als Illusion, während Diagnosen von Diabetes bis Krebs falsch waren. Sowohl Patienten als auch Investoren wurden getäuscht, was letztlich Vertrauen und Glaubwürdigkeit kostete. Im Januar 2022 wurde Holmes wegen Betrugs und Verschwörung schuldig gesprochen, was eine einst strahlende Figur des Technologiebereichs schwer traf. Dieser Fall ist eine Warnung an das Silicon Valley: In einer Ära der Transparenz und Verantwortlichkeit werden Führungskräfte, die mit übertriebenen Versprechungen jonglieren, ernsthafte Konsequenzen tragen müssen.

Die Vision

Die Vision, Bluttests zu revolutionieren

Als Elizabeth Holmes 2003 zum ersten Mal an der Stanford University war, spürte sie den Keim einer bahnbrechenden Idee in der Luft. Aus dieser ersten Inspiration entstand die Vision eines Pflasters, das nicht nur mikroskopisch kleine Blutproben auf Infektionskrankheiten testen, sondern auch gezielt Antibiotika zur Behandlung abgeben kann. Die Zukunft schien auf dem Campus förmlich zu leuchten, und Holmes setzte alles auf eine Karte - sie reichte die erforderlichen Unterlagen ein und sicherte sich das Patent, das ihre bahnbrechende Idee festhielt.

Die Gründung

Aus einer Wunsch für Innovation von Elizabeth Holmes wurde in kürzester Zeit die Gründungsidee von Theranos. Ein Unternehmen, das die Spielregeln der Medizin neu schreiben wollte. Schluss mit der umständlichen Prozedur, bei der Patienten ganze Röhrchen Blut für Tests abgeben mussten. Stattdessen sollten ein paar winzige Tropfen genügen, um nach den kleinsten Anzeichen von Cholesterin, Diabetes, Krebs und anderen Krankheiten zu fahnden. Die Probenentnahme übernahm elegant ein maßgeschneiderter Blutentnahmestift, der an die vertraute Blutzuckermessung von Diabetikern erinnerte. Doch der eigentliche Star der Show war das miniaturisierte Laborgerät,"Edison" genannt, das die Proben analysierte und die Zukunft der Diagnostik in Händen hielt.

Zielsetzung von schnellen und minimalinvasiven Bluttests

Mit einem Versprechen, das den Status quo herausforderte, trat Holmes Team an. Die Devise: Bluttests sollten nicht nur einfacher, sondern auch schneller und billiger werden. Ein Triumph für die Patienten, denen nicht nur schmerzhafte Prozeduren erspart blieben, sondern auch die hohen Kosten, die das amerikanische Gesundheitssystem oft mit sich bringt. Etablierte Riesen in der Healthcare Branche wie Labcorp und Quest Diagnostics sahen sich plötzlich einer furchtlosen Newcomerin gegenüber, die nicht nur ihre Technologie, sondern auch ihre milliardenschwere Vision in die Waagschale warf.

Es war der Beginn einer Odyssee, angetrieben von der Faszination für die Vision eines schmerzfreien und kostengünstigen Gesundheitssystems. Doch wie so oft in der Welt des Unternehmertums sollte sich die Geschichte in unerwartete Richtungen entwickeln - mit Höhen und Tiefen und einer Prise Dramatik, die niemand vorhersehen konnte.

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Der Aufstieg

Holmes' Entschluss, ihr Studium abzubrechen

Elizabeth Holmes verließ die Stanford University, um mit den Ersparnissen ihrer Eltern den Grundstein für Theranos zu legen. Mit beeindruckender Überzeugungskraft gelang es ihr sogar, ihren ehemaligen Stanford-Professor Channing Robertson für ihre Vision zu gewinnen - er wurde das erste Mitglied ihres exklusiven Verwaltungsrats. Diese Verbindung öffnete die Tür zu Risikokapitalgebern, und bis Ende 2004 konnte Holmes stolze 6 Millionen US-Dollar an Kapital auf ihrem Konto verbuchen. In den ersten Jahren operierte das Unternehmen im Verborgenen, ohne offizielle Website oder glamouröse Pressemitteilungen. Auch wenn Holmes 2013 die Medienarena betrat und schnell zu einer schillernden Persönlichkeit avancierte, sollte die geheimnisvolle Aura, die Ihr Start-Up umgab, bis zum dramatischen Niedergang des Unternehmens bestehen bleiben.

Es wird gemunkelt, dass Holmes eine fast religiöse Bewunderung für den legendären Apple-Gründer Steve Jobs hegte und in dessen Fußstapfen treten wollte. Dies spiegelte sich im Produktdesign des Laborsystems "Edison" wider, für das sie talentierte Apple-Designer engagierte. Und sie führte den Trend ein, nur noch schwarze Rollkragenpullover zu tragen, als modernes Symbol ihrer eigenen Version von Unternehmergeist. Auch ihre Stimme wurde plötzlich tiefer, um die Ernsthaftigkeit ihrer Vision zu unterstreichen.

Erfolge und Aufstieg im Silicon Valley

Diese bemerkenswerte Wandlung präsentierte sie der Welt im Jahr 2013. Nur zwei Jahre später ging das Unternehmen eine Partnerschaft mit der bekannten amerikanischen Drogeriekette Walgreens ein. Ziel war es, die revolutionären Tests in mehr als 40 Filialen anzubieten. Holmes versprach, dass die Bluttests von Theranos bald in einem Umkreis von fünf Meilen von jedem amerikanischen Haushalt erhältlich sein würden - ein Versprechen, das die Welt begeisterte. Sie pries sogar den Einsatz ihrer Tests in Rettungshubschraubern der US-Armee an - eine Behauptung, die sie erst zurücknahm, als sie von Ermittlern unter Eid befragt wurde.

Finanzieller Erfolg und Vermögen

Elizabeth Holmes wurde zur leuchtenden Ikone der Medien und zum gefeierten Träumer. Ihr strahlendes Gesicht zierte die Titelseiten renommierter Magazine wie Fortune, Forbes und Inc. Theranos erreichte in Finanzierungsrunden eine Bewertung von neun Milliarden Dollar, und Holmes wurde zur jüngsten selbstgemachten Milliardärin der USA. Sie landete auf der Liste der 100 einflussreichsten Menschen des Time Magazine. Zur gleichen Zeit besuchte der damalige US-Vizepräsident Joe Biden das Theranos-Labor in Palo Alto und äußerte sich beeindruckt über Holmes, die als leuchtendes Vorbild gefeiert wurde.

Die Illusion bröckelt

Hinweise auf erste Probleme und Zweifel

2009 betrat Ramesh "Sunny" Balwani die Bühne von Theranos. Er übernahm die Verantwortung für das Tagesgeschäft, allerdings ohne nennenswerte Kenntnisse in der Biomedizin und völlig unerfahren im Bereich der Technologie-Start-ups. Die Mitarbeiter des Unternehmens merkten schnell, dass er die komplexen Prozesse und bahnbrechenden Technologien im Labor nicht wirklich verstand. Aufgrund seines explosiven Temperaments wurde Balwani schnell als "Durchsetzer" bekannt. Was die meisten jedoch nicht wussten: Zwischen Holmes und Balwani gab es mehr als nur geschäftliche Verbindungen. Die beiden hielten ihre Beziehung vor der Belegschaft und dem Vorstand geheim.

Theranos verkündete der Welt, es könne mit nur wenigen Tropfen Blut eine Vielzahl von Tests zur Erkennung von Krankheiten wie Diabetes oder Krebs durchführen. Doch in Interviews mit der Firmengründerin Elizabeth Holmes schwankte die Zahl der angeblich möglichen Tests häufig: Mal war von mehr als 200 die Rede, ein anderes Mal sprach ein Firmenprofil im US-Wirtschaftsmagazin Inc. 2015 sogar von mehr als 250. Die "Edison"-Maschine, die als Werkzeug für die revolutionären Tests dienen sollte, hielt jedoch bis zuletzt nicht, was Sie versprach. Stattdessen lieferte es unzuverlässige oder falsche Ergebnisse. Lediglich der Test auf das Herpesvirus wurde im Juli von der amerikanischen Food and Drug Administration (FDA) als zuverlässig eingestuft. Um die beeindruckende Zahl der beworbenen Tests überhaupt durchführen zu können, kaufte das Unternehmen heimlich Geräte von Siemens - eine Tatsache, die gegenüber Patienten, Geschäftspartnern und Investoren verheimlicht wurde. Eine FDA-Inspektion im Jahr 2015 deckte Mängel bei den Tests auf, die das medizinische Start-Up erst Wochen später einräumte.

Das Laborpersonal hat wiederholt auf die Schwierigkeiten mit der Maschine "Edison" hingewiesen und diese in Fehlerberichten akribisch dokumentiert. Diese Hinweise wurden jedoch von der Betriebsleitung ignoriert. Statt nach einer Lösung für das Problem zu suchen, wurden einfach die richtigen Daten aus den Testergebnissen ausgewählt und die Auswertung fortgesetzt. Die unzuverlässigen Ergebnisse wurden ignoriert. Holmes' Partner Balwani soll Mitarbeiter, die Zweifel hegten oder kritische Fragen stellten, massiv unter Druck gesetzt haben. Ehemalige Mitarbeiter beschreiben die Arbeitsatmosphäre als eine Mischung aus Misstrauen, psychischem Druck und einem Netz von Täuschungen. Holmes habe ihre Kolleginnen und Kollegen bis ins kleinste Detail belogen, selbst in E-Mails, in denen sie vorgab, nicht im Büro zu sein, obwohl sie nur wenige Schritte von ihrem Schreibtisch entfernt saß. Viele Mitarbeiter kündigten oder wurden entlassen, weil sie zu viele Fragen stellten oder zu skeptisch waren.

Whistleblower und journalistische Untersuchungen

2013 betrat Tyler Shultz die Bühne von Theranos. Begeistert von der visionären Idee von Elizabeth Holmes schloss er sich dem Diagnostikteam des Unternehmens an. Sein Enthusiasmus kannte keine Grenzen und er begann seine Arbeit in Vollzeit. Doch schon bald stieß er auf seltsame Unregelmäßigkeiten bei den Testergebnissen. Doch statt auf offene Ohren zu stoßen, fand er heraus, dass die interne Statistikabteilung fleißig Berichte über die fehlerhaften Ergebnisse führte, nur um diese Daten anschließend zu manipulieren. Das Merkwürdigste aber war, dass niemand so recht verstand, wie dieses hochgelobte "Edison"-Gerät eigentlich funktionierte. Selbst Inspektoren wurde der Zugang zu den Labors, in denen die Maschinen angeblich ihre Wunder vollbrachten, rigoros verweigert. Warum? Weil die Bluttests nicht mit den angepriesenen eigenen Geräten, sondern mit Fremdgeräten durchgeführt wurden.

Im selben Jahr begann auch Erika Cheung bei Theranos zu arbeiten, angetrieben von der fesselnden Vision der Theranos Gründerin. Zwischen 2013 und 2014 arbeitete sie ein halbes Jahr im Labor, bis ihr auffiel, dass fehlerhafte Testergebnisse systematisch unter den Teppich gekehrt wurden. Als sie daraufhin ihre eigene Blutprobe mit einem Gerät Ihres Arbeitgebers testen ließ, kam ein Ergebnis heraus, das auf einen Vitamin-D-Mangel hindeutete - ein Ergebnis, das die üblichen Tests sofort widerlegten. Sie wandte sich an Balwani, nur um festzustellen, dass er ihre Kompetenz anzweifelte. Nach einem halben Jahr im Unternehmen war Cheung so beunruhigt über die Vorgänge im Unternehmen, dass sie schließlich die Reißleine zog und kündigte. Doch damit begann das Drama erst: Theranos begann, Cheung zu schikanieren, indem sie Privatdetektive auf sie ansetzte, die sie systematisch verfolgten. Später berichtete sie, dass sie sich so bedroht und überwacht fühlte, dass sie mehrmals den Wohnort wechselte und ein Prepaid-Telefon benutzte, um sicherzustellen, dass ihre Anrufe nicht abgehört wurden.

Auch Shultz setzte alles auf eine Karte und machte intern auf die Probleme aufmerksam. Er suchte das Gespräch mit Holmes, wurde aber schnell desinteressiert abgewiesen. Ein zweites Gespräch wurde ihm verwehrt, stattdessen sollte er seine Beobachtungen in einer E-Mail zusammenfassen. Die Antwort auf diese E-Mail kam jedoch nicht von Holmes persönlich, sondern von ihrem Partner Balwani - ein Brief voller Beschimpfungen und Drohungen. In dieser brisanten Situation wandte sich Shultz an seinen Großvater, niemand Geringeres als George Shultz, ehemaliger US-Außenminister und gleichzeitig Vorstandsmitglied. Zunächst wollte der Großvater Tyler nicht glauben, doch die Familie drängte ihn, das Unternehmen zu verlassen. Die Situation gipfelte in einem bemerkenswerten Treffen im Haus des Großvaters, bei dem die Anwälte der Firma alles daran setzten, Tyler zur Unterzeichnung einer Geheimhaltungsvereinbarung zu bewegen. Doch Tyler Shultz blieb standhaft und lehnte ab.

Wie Shultz wurde auch Cheung von den Firmenanwälten massiv unter Druck gesetzt. Und als sich ein gewisser John Carreyrou vom Wall Street Journal in den Fall einschaltete, erhielt sie prompt eine drohende Rechtswarnung von keinem Geringeren als dem Top-Anwalt von Theranos.

Enthüllung von fragwürdigen Praktiken

Das Jahr 2015 brachte den Wendepunkt im Theranos-Drama. Inmitten eines Sturms von Zweifeln und Verdächtigungen fasste Erika Cheung den Entschluss, nicht länger zu schweigen. Sie griff zum Stift und schrieb einen Brief, der wie ein Stein in einen stillen See geworfen wurde - dieser Brief ging direkt an die Centers for Medicare & Medicaid Services (CMS), die mächtige Regulierungsbehörde. Und so begann eine Kettenreaktion, die Theranos aus dem Schatten ins grelle Licht der Öffentlichkeit katapultierte.

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Betrug und Konsequenzen

Die CMS ergriff die Initiative und startete eine unangekündigte Inspektion der Theranos-Labors. In allen Ecken und Winkeln der Labors wurden zahlreiche Verstöße aufgedeckt - ein Albtraum für das einst so hoch gelobte Unternehmen. Währenddessen suchte Tyler Shultz nach einem anderen Weg, die Wahrheit ans Licht zu bringen. Sein Weg führte ihn direkt zum Reporter John Carreyrou vom Wall Street Journal. Mit Hilfe von Shultz' Insiderwissen und Carreyrous eigenen Recherchen wurde im Oktober 2015 ein bahnbrechender Artikel veröffentlicht. Der Artikel deckte auf, dass nicht einmal die eigenen Maschinen für die hochgelobten Bluttests verwendetet wurden und dass das hochgelobte "Edison"-Gerät alles andere als zuverlässige Ergebnisse lieferte. Die Vorwürfe wurden als Unwahrheiten abgetan und Carreyrou und Shultz wurden mit juristischen Drohungen konfrontiert.

Täuschung der Investoren und Auswirkungen auf das Vertrauen

Düstere Zeiten für Holmes Unternehmen. Die einst vielversprechende Partnerschaft mit der Drogeriekette Walgreens geriet ins Wanken - Walgreens setzte die Zusammenarbeit vorübergehend aus. Im Januar 2016 warnte die staatliche Aufsichtsbehörde CMS, nachdem unzuverlässige Ergebnisse beim Nachweis eines Blutverdünners aufgetaucht waren. Diese Ergebnisse deuteten darauf hin, dass die Gesundheit der Patienten gefährdet war. Nur drei Monate später schalteten sich die Strafverfolgungsbehörden und die US-Börsenaufsicht SEC ein. Ramesh "Sunny" Balwani, der das Tagesgeschäft leitete, verließ die Bühne. Er wurde nach Aufklärung des Betruges zu 13 Jahren Haft verurteilt.

Walgreens und andere Partner ergriffen die Initiative und reichten eine Klage ein. Der Fall gipfelte 2017 in einem Vergleich. Anfang 2018 trat die SEC auf den Plan und erhob Anklage gegen Elizabeth Holmes und ihren Partner Balwani. Die Folgen waren spürbar: Holmes musste als CEO zurücktreten und durfte in den nächsten zehn Jahren kein börsennotiertes Unternehmen leiten. Im Juni 2018 nahm das Drama eine neue Wendung, als die kalifornischen Strafverfolgungsbehörden Anklage gegen Holmes und Balwani erhoben. Im September desselben Jahres wurde das Kapitel Theranos mit der endgültigen Schließung des Unternehmens abgeschlossen. Die Blase der Versprechungen war geplatzt, die einstigen Visionen einem Fiasko gewichen.

Das Gerichtsverfahren

Drei Jahre nach dem Ende von Theranos begann am 31. August 2021 in Kalifornien der Prozess gegen die Gründerin Elizabeth Holmes. Sie ist inzwischen von Balwani getrennt und mit einem wohlhabenden Erben liiert - im Juli 2021 bekamen die beiden ihr erstes Kind. Während des Prozesses wurde der jungen Mutter ein separater Raum zur Verfügung gestellt, in dem sie ihren Sohn stillen und versorgen konnte.

Die Staatsanwaltschaft warf Holmes vor, Anleger und Patienten vorsätzlich getäuscht zu haben. Von den mehr als 200 angepriesenen Bluttests konnten die hauseigenen "Edison"-Geräte nur sehr wenige durchführen und keine genauen Ergebnisse liefern. Holmes soll auch über die Höhe der Unternehmensgewinne gelogen haben.

Auch ihr ehemaliger Geschäftspartner Balwani wurde angeklagt. Mit ihm hatte Holmes während ihrer Zeit im Unternehmen eine Beziehung, die sie vor Mitarbeitern und Investoren geheim hielt. Auch Balwani wurde in mehreren Fällen des Betrugs angeklagt. Holmes' Anwälte setzten durch, dass die Verfahren gegen die beiden getrennt verhandelt wurden und sie als Erste vor Gericht kam. Das Verfahren gegen Balwani verzögerte sich und er wurde schließlich im Juli 2022 des Betrugs an Investoren für schuldig befunden. Am 07. Dezember 2022 wurde er zu einer Freiheitsstrafe von 12 Jahren und 11 Monaten mit einer dreijährigen Bewährungszeit verurteilt. Er trat seine Strafe am 15. März 2023 an.

In der ersten Woche des Prozesses gegen Holmes präsentierte die Staatsanwaltschaft ihren Fall mit zahlreichen Dokumenten und hochkarätigen Zeugen: Der ehemalige Laborleiter Adam Rosendorff berichtete ausführlich über die fehlerhaften Ergebnisse, die das "Edison"-Gerät lieferte. Er sagte auch aus, dass er Holmes über die Probleme informiert habe, diese aber seine Bedenken beiseite gewischt habe. Als Rosendorff das Unternehmen 2014 verließ, wurde ein neuer Laborleiter eingestellt: Balwani, ein Dermatologe, der keine Erfahrung in einer solchen Position hatte.

Sie gab an, als Studentin in Stanford vergewaltigt worden zu sein und daraufhin ihr Studium abgebrochen zu haben, um sich auf Theranos zu konzentrieren. In ihrer siebentägigen Aussage warf Holmes ihrem ehemaligen Partner Balwani auch psychischen und sexuellen Missbrauch vor. Holmes hatte den 20 Jahre älteren Balwani als 18-Jährige kennengelernt und mit ihm ein Jahrzehnt lang eine Beziehung geführt. Er habe sie bevormundet und kontrolliert, von ihrer Ernährung über den Kontakt zu ihrer Familie bis hin zu beruflichen Entscheidungen. Den Vorwurf, sie habe falsche Angaben über einen Vertrag mit dem Militär gemacht, versuchte sie als Missverständnis zu entkräften. Sie erklärte, dass sie den falschen Bericht mit den eingefügten Firmenlogos bedauere. Sie gab auch zu, ehemalige Mitarbeiter wie die Whistleblower Erika Cheung und Tyler Shultz mit Privatdetektiven und Anwälten schikaniert zu haben.

Falsche Diagnosen und getäuschte Patienten

Zwei der auffälligsten Beispiele für falsche Testergebnisse der Theranos-Geräte waren zwei Patientinnen. Eine der Frauen wurde als HIV-positiv diagnostiziert, was jedoch durch weitere Bluttests widerlegt wurde. Eine zweite Frau, die mehrere Fehlgeburten erlitten hatte, erhielt während ihrer Schwangerschaft Testergebnisse von Theranos, die zeigten, dass sie ihr Kind erneut verloren hatte. Der Test war fehlerhaft und sie brachte später ein gesundes Baby zur Welt. Interne E-Mails enthüllten jedoch, dass das Start-up-Unternehmen die fehlerhaften Ergebnisse vor Investoren und Geschäftspartnern verheimlicht hatte, indem es ein modifiziertes Vorführgerät verwendete oder ihnen die Testergebnisse teilweise vorenthielt.

Die Staatsanwaltschaft legte auch einen 55-seitigen Bericht vor, in dem Mitarbeiter die Logos der Pharmaunternehmen GlaxoSmithKline, Pfizer und Schering-Plough einfügten, um den Eindruck zu erwecken, diese hätten die Technologie genehmigt. Ein bei Pfizer angestellter Wissenschaftler sagte jedoch aus, dass er die Behauptungen des Start-ups für unglaubwürdig halte und riet Pfizer von einer Zusammenarbeit ab. Die Staatsanwaltschaft konnte nachweisen, dass Theranos den Bericht mit den nachträglich eingefügten Logos dennoch an Investoren und Geschäftspartner verschickt hatte.Auch der Investor und ehemalige US-Verteidigungsminister General James Mattis, der im Aufsichtsrat von Theranos saß, trat in den Zeugenstand. Er beschrieb Holmes als seine Hauptquelle für alle Informationen über das Unternehmen und seine Technologie. Er legte dem Gericht eine Präsentation vor, die sie vor dem Aufsichtsrat gehalten hatte. Darin wurde unter anderem behauptet, dass die Technologie auch von der US Food and Drug Administration (FDA) und der Weltgesundheitsorganisation (WHO) validiert worden sei, was jedoch nicht der Fall war. Während des Prozesses gab es zwei große Überraschungen. Während Erika Cheung vor Gericht aussagte, wurde Tyler Shultz nicht in den Zeugenstand gerufen. Außerdem sagte Holmes entgegen allen Erwartungen erst Ende November aus.

Die Verurteilung

Die Verteidigung versuchte immer wieder, den Ermittlern mangelnde Sorgfalt vorzuwerfen. Im Kreuzverhör versuchten Holmes' Anwälte immer wieder, die Geldgeber zu beschuldigen, aus Profitgier nicht genug über das Startup recherchiert zu haben. Die Logik hinter dieser Strategie ist, dass große Versprechungen ein fester Bestandteil des Silicon Valley sind - Unternehmen wie Uber oder WeWork locken Investoren mit großen Visionen ihrer manchmal unausgereiften Technologie, die erst Jahre später zu einem profitablen Geschäft wird. Im Kreuzverhör musste Holmes zugeben, dass sie während ihrer Beziehung mit Balwani mehrere Jahre lang eine Affäre mit einem anderen Mann hatte. Sie musste E-Mails und Textnachrichten zwischen ihr und ihrem Ex-Partner vorlesen, in denen sie Probleme bei Theranos diskutierten. Die Staatsanwaltschaft versuchte zu zeigen, dass Holmes entgegen den Behauptungen der Verteidigung sehr wohl wusste, was in ihrem Unternehmen schief lief.

Am Ende des Prozesses im Dezember 2021 wurde Holmes in vier von elf Anklagepunkten für schuldig befunden, darunter Betrug an Investoren, während sie vom Vorwurf des Betrugs an Patienten freigesprochen wurde. Vor ihrer Verurteilung im Oktober 2022 kam es zu einer dramatischen Wende, als ein wichtiger Zeuge im August bei ihr zu Hause auftauchte und erklärte, er bedauere die Rolle, die er bei ihrer Verurteilung gespielt habe.

Der ehemalige Leiter des Theranos-Labors, Adam Rosendorff, drückte ebenfalls sein Bedauern aus, bevor er bei einer späteren Anhörung sagte, dass seine Aussage während des Prozesses nicht der Wahrheit entsprochen habe. Der Richter gewährte Holmes kein Wiederaufnahmeverfahren auf der Grundlage von Rosendorffs Besuch bei ihr zu Hause und ließ die Anhörung zu dem Vorfall wahrscheinlich nur zu, um zu verhindern, dass sie ihn in einem Berufungsverfahren verwenden konnte.

Mitte November 2022 wurde Holmes zu einer elfjährige Haftstrafe verurteilt. Die Strafe ist viel schwerwiegender als die von ihren Anwälten beantragten 18 Monate Hausarrest. Holmes beantragte, auf freiem Fuß zu bleiben, während sie gegen ihre Verurteilung Berufung einlegte, trotz der Geburt ihres zweiten Kindes im letzen Jahr. Dies wurde jedoch von einem Bundesrichter abgelehnt, so dass sie am 27. April 2023 ihre elfjährige Haftstrafe antreten musste.

Die Warnung und Lehren für das Silicon Valley

Strafverfolgung in Fällen von Wirtschaftskriminalität ist bekanntlich in den USA schwierig. Das Urteil des Gerichts sendet eine klare Botschaft an das Silicon Valley, dass Gründer sich in Zukunft vor der Bewerbung der Versprechen ihrer Unternehmen hüten müssen. Führungskräfte, die Investoren in die Irre geführt haben, werden in Zukunft mit konkreten Konsequenzen rechnen müssen.

Die Lehren

Bedeutung von Transparenz und Verantwortlichkeit

Erika Cheung und Tyler Shultz, zwei Schicksalsgenossen in der Welt von Theranos, fanden sich in der Rolle von Whistleblowern wieder, als ihre Stimmen innerhalb des Unternehmens ungehört verhallten. Cheung wagte den mutigen Schritt und ging zur Nummer zwei des Unternehmens, Ramesh "Sunny" Balwani, um den fragwürdigen Umgang mit fehlerhaften Testergebnissen anzuprangern. Doch anstatt ihre Bedenken ernst zu nehmen, wurde ihre Kompetenz in Frage gestellt - ein frustrierender Tiefschlag. Als die Realität nicht ihrer Vision entsprach, verließ sie desillusioniert das Unternehmen, nur um von diesem mit rechtlichen Schritten bedroht zu werden.

Tyler Shultz hingegen trat direkt vor den Traualtar der Firmengründerin Elizabeth Holmes. Mit dem Mut eines Rebellen versuchte er, seine Bedenken über die veränderte Vision in schriftliche Kritik zu gießen. Obwohl das Unternehmen mit klaren Beweisen für Fehlverhalten konfrontiert war, wurde keine Untersuchung eingeleitet. Stattdessen reagierte Theranos mit Rügen und Repressalien. Balwani, einst mächtiger Gestalter im Hintergrund, ließ seinem Unmut in einer beleidigenden und drohenden E-Mail an Shultz freien Lauf. Die Macht des "Königs der Durchsetzung" schien keinen Raum für Kritik zu lassen.

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Die Konsequenzen für Gründer und Führungskräfte

Hier zeigte sich jedoch eine Schwachstelle, die jedes Unternehmen treffen kann: die Untergrabung einer ehrlichen Austausch- und Kommunikationskultur. In einer solchen Atmosphäre können Mitarbeiter Probleme und Missstände nicht ansprechen, ohne befürchten zu müssen, dass ihre Stimme im Dunkeln bleibt. Eine starke Redekultur, unterstützt durch Instrumente wie eine Whistleblower-Hotline oder digitale Plattformen, könnte vor dem schützen, was bei Theranos sichtbar wurde.

Wenn Whistleblower ignoriert oder abgewiesen werden, kann das verheerende Folgen haben. Dieser Fall hat gezeigt, wie verheerend es sein kann, wenn Unternehmen die Bedenken ihrer Mitarbeiter ignorieren. Cheung und Shultz fühlten sich von ihren Vorgesetzten zurückgewiesen und ignoriert. Also trugen sie ihre Anliegen aus dem Unternehmen hinaus, indem sie sich an externe Organisationen und die Presse wandten. Die Kontrolle über das Narrativ entglitt, als das Fehlverhalten und die Reaktion darauf aufgedeckt wurden. Mediale Enthüllungen, behördliche Untersuchungen, Bußgelder, Insolvenz, das Ende von Theranos und schließlich Anklagen gegen die Verantwortlichen bildeten das tragische Finale einer Ära des Schweigens und der Selbsttäuschung.

Fazit

Zusammenfassung der Hauptpunkte des Blogbeitrags

Elizabeth Holmes gründete Theranos mit der Vision, die Labormedizin durch schnelle und minimalinvasive Bluttests zu revolutionieren. Ihr mutiger Schritt, die Stanford University zu verlassen, um ein Unternehmen aufzubauen, wurde anfangs gefeiert, und sie wurde als vielversprechendes Talent im Technologiebereich angesehen. Doch die Illusion bröckelte, als Whistleblower und Journalisten die dunklen Geheimnisse von Theranos aufdeckten. Mehr als 200 angepriesene Bluttests erwiesen sich als Illusion, und Diagnosen von schwerwiegenden Krankheiten waren falsch. Patienten und Investoren wurden getäuscht, was Vertrauen und Glaubwürdigkeit kostete. Im Januar 2022 wurde Elizabeth Holmes wegen Betrugs und Verschwörung schuldig gesprochen, was eine einst strahlende Figur des Technologiebereichs schwer traf.Sie wird ihre Haft im April antreten, trotz der Geburt ihres zweiten Kindes letztes Jahr.

Was kann man aus der Geschichte lernen?

Dieser Fall warnt das Silicon Valley vor den Konsequenzen übertriebener Versprechungen und betont die Bedeutung von Transparenz und Verantwortlichkeit deswegen ist der Schutz der Hinweisgeber wichtiger denn je, dafür gibt es nun das Hinweisgeberschutzgesetz. Der Fall Theranos zeigt, wie ein Mangel an Kommunikationskultur und die Ignoranz von Bedenken von Mitarbeitern zu einem dramatischen Niedergang führen können. Es ist eine Erinnerung daran, dass Führungskräfte, die solche Praktiken anwenden, ernsthafte Konsequenzen tragen werden.

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