Was ist das Lieferkettengesetz?
Sinn und Zweck
Das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz ist eine Regelung zur Verbesserung der internationalen Umwelt- und Menschenrechtslage. Das Kernziel des Gesetzes soll die Einhaltung von Menschenrechten und umweltbezogener Pflichten entlang globaler Lieferketten sein.
Um dieses Ziel umzusetzen, verpflichtet das Gesetz in der Bundesrepublik Deutschland ansässige Unternehmen zur Umsetzung von Sorgfaltspflichten. Diese definieren sich nach den §§ 3 ff. des LkSG. Die neun Sorgfaltspflichten, die sich aus den genannten §§ des LkSG ergeben, stellen den Mittelpunkt des Gesetzes da. Sie legen fest, welchen Maßnahmen sich ein deutsches Unternehmen zu unterziehen hat, um individuelle menschrechtliche oder umweltbezogene Risiken zu vermeiden.
Die geschützten Rechtspositionen, bzw. Verstöße gegen Menschen- und Umweltrecht, die sich aus § 2 LkSG ergeben, können unter anderem darstellen:
- Ungleichbehandlungen etwa aufgrund von Gesundheitsstatus, Behinderung, Weltanschauung oder sexueller Orientierung, insbesondere durch Zahlung eines ungleichen Entgelts für gleichwertige Arbeit.
- Alle Formen und Arten von Kinderarbeit und Sklaverei.
- Vorenthalten eines angemessenen Lohns (mindestens der nach geltendem Recht festgelegte Mindestlohn).
- Gewässerverunreinigung, Luftverunreinigung, schädliche Lärmemission.
- Die nicht umweltgerechte Handhabung, Sammlung, Lagerung und Entsorgung von Abfällen.
Die Sorgfaltspflichten verpflichten Unternehmen unter anderem zur Einrichtung eines Beschwerdeverfahrens sowie eines Risikomanagements. Das Gesetz verpflichtet Unternehmen zu Abhilfemaßnahmen, sollte eine Pflichtverletzung im eigenen Geschäftsbereich oder der Lieferkette bekannt werden
Bei der Umsetzung der Sorgfaltspflichten sind Unternehmen nicht zu einem Erfolg verpflichtet. Diese Zielbestimmung ergibt sich aus dem hinteren Teil des Paragrafen drei und wurde auf Empfehlung des Ausschusses für Arbeit und Soziales durch den Gesetzgeber mit in das Gesetz aufgenommen. Die betroffenen Unternehmen müssen folglich nur nachweisen, dass die Einhaltung der Sorgfaltspflichten aus § § 4 ff. LkSG gewährleistet ist.
Dabei sind jedoch die Pflicht zur Ergreifung von Präventionsmaßnahmen (§ 6 Abs. 1 LkSG) sowie die Pflicht Abhilfemaßnehmen zu ergreifen (§ 7 Abs. 1 S. 1 LkSG) nicht als Bemühens sondern als Erfolgspflichten konzipiert.
Erkennbar wird dadurch auch noch mal der präventive Charakter des Gesetzes, indem es heißt, das Risiken vorzubeugen ist. Die Regierungsbegründung nennt als weiteres Ziel des Gesetze Rechtssicherheit und faire Wettbewerbsbedingungen auf dem wirtschaftlichen Markt.
Mit Verabschiedung dieses Gesetzes ist die Verantwortung der Unternehmen für Menschenrechte nicht mehr nur allein die Aufgabe des Staates. Unternehmen müssen erstmals eigenverantwortlich auf die Einhaltung international anerkannter Menschenrechte in ihrem eigenen Geschäftsbereich sowie der gesamten Lieferkette achten.
Entstehung des Lieferkettengesetzes
Eine Neuheit stellt das deutsche Lieferkettengesetz nicht da. Die Konzeption und der Inhalt des Gesetzes beruhen auf unterschiedlichen völkerrechtlichen Initiativen und Gesetzen wie zum Beispiel die Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte UNPG die durch die Vereinten Nationen bereits 2011 beschlossen wurden. Maßgeblich für die Gestaltung des Gesetzs waren auch die OECD-Leitsätze für multinationale Unternehmen.
Zum Erklärvideo des Lieferkettengesetzes durch das BMZ:
Wer ist von dem Gesetz betroffen?
Im Gesetz gilt es zu beachten,nach § 1 des LkSG, welche Unternehmen den Anforderungen in der Praxis nachkommen müssen. Das LkSG tritt ab dem 1. Januar 2023 für Unternehmen mit mehr als 3000 Beschäftigten in Kraft. Ab dem 1. Januar 2024 gilt es sogar für Unternehmen mit mehr als 1000 Beschäftigen.
Zu beachten ist der erweiterte Kreis an Hinweisgebern, der durch das Gesetz bestimmt wird. Hinweisgebende Personen sind nicht mehr nur Peronen aus dem unmittelbaren Geschäftsbereich, sondern auch von unmittelbaren und mittelbaren Zulieferern.
Warum sollten sich auch kleinere Unternehmen mit dem Gesetz auseinandersetzen?
Auch kleine und mittlere Unternehmen mit weniger als 3000 bzw. 1000 Mitarbeitenden sollten sich rechtzeitig mit dem Gesetz beschäftigen:
- Große Kunden erwarten die Einhaltung der Vorgaben aus der Lieferkette.
- Vertragliche AGB von Großkunden verpflichten kleinere Zulieferer und Lieferanten zur EInhaltung von Compliance-Vorgaben.
- Ohne die Einhaltung und insbesondere den Nachweis des LkSG kommen neue Lieferanten nicht mehr auf das Panel von Kunden. Sie erhalten keine neuen Aufträge mehr.
- Die Einhaltung von Compliance-Vorgaben schafft Vertrauen sowie Transparenz und stärkt Ihr Unternehmen.
Für den Standort Deutschland ist entscheidend, dass die Einführung des Lieferkettengesetzes einerseits einen wichtigen Impuls für eine europäische Regelung stiftet. Andererseits kann ein solches Gesetz in dynamischer Sicht zu Wettbewerbsvorteilen führen, wenn Unternehmen in der Folge ihre Lieferketten dahingehend optimieren, dass eine gesteigerte Arbeitnehmerzufriedenheit auch zu Produktivitätssteigerungen führt – oder dass die Lieferketten insgesamt resilienter werden. „First Mover“ haben aktuell die Möglichkeit, Standards zu setzen

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Das LkSG in der Unternehmenspraxis
Folgende Kern Compliance-Pflichten ergeben sich aus dem Gesetz für Unternehmen:
Einrichtung Beschwerdemanagementsystems
Unternehmen werden durch das Gesetz verpflichtet, ein Beschwerdeverfahren einzurichten. Dieses ermöglicht es den Personen, Hinweise auf Pflichtverletzungen in der Lieferkette abzugeben. Zweck des Beschwerdeverfahrens ist es, Missstände in der Lieferkette abzustellen oder präventiv zu verhindern. Dadurch kann das Unternehmen vor Bußgeldern und insbesondere Reputationsschäden bewahrt werden. Insbesondere anonyme Meldekanäle stellen ein effektives Mittel dar, um solche Risiken und Schäden zu vermeiden.
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Abgabe einer Grundsatzerklärung zur Achtung der Menschenrechte
Die Unternehmensleitung hat diese Erklärung abzugeben (Code of Conduct). Sie beinhaltet unter anderem das Verfahren, mit dem das Unternehmen seinen Pflichten nachkommt. Inhaltlich muss diese gemeinsame Grundsatzerklärung alle Mindestanforderungen gemäß § 6 Abs. 2 S. 3 LkSG abdecken und die prioritären menschenrechtlichen und umweltbezogenen Risiken aller verpflichteten Konzerngesellschaften aufzeigen.Ferner dokumentiert sie die Erwartungen der Unternehmensseite an seine Beschäftigten und Zulieferer in der Lieferkette.Dies spielt bei der Bewältigung negativer Auswirkungen auf die Menschenrechte eine große Rolle.
Durchführung regelmäßiger Risikoanalysen
Risiken im Bereich der Menschen- und Umweltrechte im eigenen Geschäftsbereich müssen analysiert und angemessen priorisiert werden. Diese Risikoanalyse muss einmal im Jahr durchgeführt werden. Das Unternehmen muss in der Lage sein zu wissen, welche Liefereanten sie beauftragt hat und wie die Lieferketten sind. Ferner müssen kritische Lieferanten besonderen Kontrollen und Anforderungen unterzogen werden.
Gemäß § 4 Abs. 3 S. 1 LkSG muss jedes Unternehmen mit mehr als 3000 Beschäftigten sicherstellen, dass eine Person innerhalb des Unternehmens benannt ist, die für die Überwachung des Risikomanagements zuständig ist, zum Beispiel ein Menschenrechtsbeauftragter.Diese Überwachungsperson muss intern benannt werden und kann nicht extern besetzt werden kann.
Ergreifen von Präventions- und Abhilfemaßnahmen
Ergibt sich im Rahmen der Risikoanalyse ein Risiko, welches eine Rechtsverletzung nach sich ziehen würde, sind aus Unternehmensseite Präventionsmaßnahmen im eigenen Geschäftsbereich zu ergreifen. Diese definieren sich als Umsetzungsstrategien und Kontrollmaßnahmen, die sich aus der Grundsatzerklärung (Code of Conduct) ergeben. Sie können in Form von z. B. Durchführung von Schulungen oder Entwicklung von Strategien zur Risikominimierung stattfinden. Dazu zählen auch Präventionsmaßnahmen gegenüber einem unmittelbaren Zulieferer um den gesamten Umfang der Geschäftstätigkeit abzudecken. Zum Beispiel die Berücksichtigung der menschenrechtsbezogenen und umweltbezogenen Erwartungen bei der Auswahl eines solchen.
Weitere Maßnahmen sind in § 6 des Gesetz ausgeführt.
Öffentliche Dokumentation und Berichterstattung
Die Erfüllung der Pflichten, die aus dem Gesetz ergeben, sind fortlaufend zu dokumentieren. Die Unternehmen sind verpflichtet, einen Bericht über die Erfüllung ihrer gesetzlichen Pflichten im vergangenen Geschäftsjahr zu erstellen und diesen auf Ihrer Internetseite zu veröffentlichen.
Werden Rechtsverletzungen offengelegt, müssen die Geschäftsbeziehungen nicht sofort abgebrochen werden. Gemeinsam mit dem Betroffenen aus der Lieferkette soll nach Lösungen gesucht werden. Helfen kann hierbei zum Beispiel ein Maßnahmenplan.
Welche Folgen sind bei fehlender Umsetzung zu erwarten?
Werden die Forderungen aus dem Gesetz nicht oder nicht richtig umgesetzt, kann die BAFA (Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle) Bußgelder verhängen, um die Einhaltung des Gesetzes durchzusetzen.
Bei Ordnungswidrigkeiten können Bußgelder bis zu 800.000 € verhängt werden. Bei Nichteinrichten eines geeigneten Beschwerdeverfahrens kann ein Zwangsgeld von bis zu 50.000 € verordnet werden.
Darüber hinaus bestehen die zuvor dargestellten wirtschaftlichen Nachteile.
Was tun, wenn es zu einem Verstoß kommt?
Sollte es im eigenen Geschäftsbereich Ihres Unternehmens im In- oder Ausland zu einer Verletzung kommen so müssen Abhilfemaßnahmen ergriffen werden, die zu der sofortigen Beendigung des Verstoßes führt.
Kommt es bei einem unmittelbaren Lieferanten oder Dienstleister zu einer Verletzung, die nicht in absehbarer Zeit durch das Unternehmen beendet werden kann, muss unverzüglich ein Konzept zur Beendigung oder Minimierung der Verletzung erstellt werden.
Der Abbruch einer Geschäftsbeziehung ist dabei als Ultima Ratio geboten. Hierbei müsste es sich um eine schwerwiegende Verletzung handeln, bei welcher keine Abhilfe Maßnahmen eine Beendigung bewirkt haben oder keine milderen Mittel mehr zur Verfügung stehen.
Der § 3 Abs. 3 S. 1 stellt klar, das es keine Zivilrechtliche Haftung bei einer Verletzung der Sorgfaltspflichten gibt.Die Anwendbarkeit des LsKG hängt von dem satzungsmäßigen Sitz des Unternehmens ab.
Das Gesetzgebungsverfahren im Überblick
- Januar 2023 - Das deutsche LkSG tritt in Kraft
- Juli 2021 - Wurde das Gesetz vom Bundespräsidenten ausgefertigt und in dem Bundesgesetzblatt veröffentlicht. Das Gesetzgebungsverfahren ist formal abgeschlossen und das sogenannte LkSG wird am 1. Januar 2023 in Kraft treten.
- Juni 2021 - Wurde der Gesetzentwurf der Bundesregierung über die unternehmerischen Sorgfaltspflichten in Lieferketten in der vom Ausschuss für Arbeit und Soziales geänderten Fassung durch den Bundestag angenommen. In namentlicher Abstimmung votierten 412 Abgeordnete für den Gesetzentwurf, 159 stimmten dagegen, 59 enthielten sich.
- März 2021 - Wurde durch das Europäische Parlament mit einer fraktionsübergreifenden Mehrheit von 504 von 695 Stimmen der “Legislativbericht über menschenrechtliche und umweltbezogene Sorgfaltspflichten von Unternehmen“ verabschiedet. Ein Legislativbericht stellt eine Empfehlung an die EU Kommission dar, ein Gesetz einzuführen
- April 2021 - Beratung des Bundestages in erster Lesung zu dem Entwurf des Gesetz über die unternehmerischen Sorgfaltspflichten in Lieferketten.
Auch wenn das deutsche LkSG erst seit Anfang dieses Jahres in Kraft getreten ist, soll schon über eine Verschärfung, also ein Europaweites EU-Lieferkettengesetz gesprochen werden. Dieses soll vor allem kleinere Unternehmen in die Pflicht nehmen.
Warum sind Lieferkettengesetze erforderlich?
Viele deutsche Unternehmen waren in der Vergangenheit mehrfach direkt oder indirekt in Katastrophen in anderen Ländern verwickelt, wie z.B. im Jahr 2019 bei einem schweren Dammbruch in Brasilien, bei dem mehr als 250 Menschen ums Leben kamen, oder im Jahr 2012 bei einem Brand in einer Textilfabrik in Pakistan. Dafür müssen künftig auch deutsche Unternehmen Verantwortung übernehmen. Das Einflussvermögen des Unternehmens auf die Lieferkette und die Einhaltung von Menschenrechts- und Umweltauflagen ist ein entscheidender Faktor.
Besonders betroffen sind Unternehmen aus der Textil-, Elektronik- und Automobilbranche.Gleiches gilt für die Pharma- und Lebensmittelindustrie, da Deutschland viele Lebensmittel sowie Chemikalien und Arzneimittel aus dem Ausland importiert.
Der Kampf gegen Armut, Kinderarbeit und Klimawandel
Rana Plaza-Einsturz (Bangladesch, 2013)
Im Jahr 2013 stürzte das Rana Plaza-Gebäude in Bangladesch ein, in dem Textilfabriken untergebracht waren. Über 1.100 Menschen starben, und Tausende wurden verletzt. Ein Lieferkettengesetz hätte Druck auf Bekleidungshersteller ausgeübt, sicherzustellen, dass die Fabriken, in denen sie produzieren lassen, menschenwürdige Arbeitsbedingungen bieten.
Kinderarbeit in der Kakaoindustrie (Westafrika)
Die Kakaoindustrie ist berüchtigt für Kinderarbeit und Zwangsarbeit in Westafrika. Ein Lieferkettengesetz hätte Schokoladenhersteller dazu verpflichtet, sicherzustellen, dass ihr Kakao nicht unter Verletzung von Kinderrechten gewonnen wird.
Umweltzerstörung durch Ölpalmplantagen (Südostasien)
Ölpalmplantagen sind für massive Abholzung und Umweltzerstörung in Ländern wie Indonesien verantwortlich. Ein Lieferkettengesetz hätte Unternehmen, die Palmöl verwenden, zur Rechenschaft gezogen und Umweltauflagen auferlegt.
Konfliktmineralien im Kongo
Im Kongo werden Konfliktmineralien wie Coltan oft unter menschenunwürdigen Bedingungen abgebaut und zur Finanzierung bewaffneter Konflikte verwendet. Ein Lieferkettengesetz hätte Unternehmen gezwungen, die Herkunft ihrer Mineralien zu überwachen und sicherzustellen, dass sie nicht aus Konfliktgebieten stammen.
Elektronikproduktion in China
In der Elektronikindustrie in China wurden wiederholt Arbeitsrechtsverletzungen und schlechte Arbeitsbedingungen in Fabriken gemeldet. Ein Lieferkettengesetz hätte Unternehmen in der Elektronikbranche dazu gedrängt, sicherzustellen, dass ihre Zulieferer die Rechte der Arbeiter respektieren.
Unsere Tipps für die Praxis
Nicht zu lange warten.
- Kümmern Sie sich rechtzeitig um die Einrichtung professioneller Beschwerdekanäle.
- Implementieren Sie noch heute Ihre digitalen Beschwerdekanäle mit unserer ISO 27001 zertifizierten Hintbox.
Setzen Sie die Sorgfaltspflichten aus dem LkSG zügig um.
- Validieren und bewerten Sie Ihre mittel- und unmittelbaren Lieferanten.
- Setzen Sie die Dokumentations- und Prüfungsvorgaben zeitnah um.